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Dürfen die Äste meines Baumes in die Straße ragen?

Bäume - Copyright Sylvia HorstFrage:
Ich habe ein Einfamilienhaus mit Garten vermietet. Die Äste der dort stehenden Bäume ragen teilweise über die Grundstücksgrenze hinaus auf die öffentliche Straße. Meine Mieterin fegt die Straße und den zugehörigen Gehweg regelmäßig. Trotzdem gibt es immer wieder Auseinandersetzungen mit einer Nachbarin, die sich wegen des Baumabwurfs gestört fühlt. Sie fegt immer wieder auf der Straße liegende Nadeln in ihrem Bereich auf die Straßenhälfte meiner Mieterin. Nach meiner Kenntnis obliegt die Entfernung von Laub und Kiefernadeln auch den Nachbarn in ihrem Bereich. Dürfen die Äste meiner Bäume auf die Straße ragen? Autoverkehr ist dadurch nicht beeinträchtigt. Dafür sind die Äste zu hoch.

Antwort:
Im Ergebnis kann die Nachbarin selbst weder gegen die Mieterin noch den Vermieter und Fragesteller etwas ausrichten. Sie kann sich allerdings an die Gemeinde in ihrer Eigenschaft als Trägerin der Straßenbaulast wenden und sie zum Einschreiten veranlassen.

Im Einzelnen dazu:
Da es sich um eine öffentliche Straße, nicht um einen Privatweg handelt, ist die Stadt Eigentümerin des Straßengrundstücks, und nicht die Nachbarin. Deshalb hat die Nachbarin auch keine Rechte aus dem Eigentum. Abgesehen davon, dass die Nachbarin keinerlei Rechte hat, verhält sie sich auch unklug: ein einziger Windstoß, und alles ist wieder so wie vorher …
Allerdings könnte die Stadt unter Berufung auf das landeseigene Straßen- und Wegegesetz (z. B. §§ 18-23 LStraßenG NRW) den Überhang eines „privaten“ Baumastes als Sondernutzung der Straße betrachten, die genehmigungspflichtig ist. Sie könnte deshalb anordnen, dass zurück zu schneiden ist, nicht aber die Nachbarin. Die Straßengesetze sehen dazu regelmäßig vor, dass die Sondernutzung auch geduldet werden kann, wenn das „Lichtraumprofil“ gewahrt und der Verkehr nicht beeinträchtigt ist (dazu VG Aachen, Urteil vom 17.2.2021 - 10 K 5218/17; VG Augsburg, Beschlüsse vom 1.6.2022 - 6 S 22.459 und vom 21.4.2021 - 8 S 21.382, jeweils juris).

Das „Lichtraumprofil“ gibt für private Grundstückseigentümer, deren Grundstück an eine öffentliche Straße oder an einen Gehweg/Radweg direkt angrenzt, folgendes vor:

  • Äste von Bäumen und Sträuchern dürfen erst ab einer Höhe von über 2,30 m über die Gehwege ragen (bei Radwegen über 2,50 m).
  • Grenzt das Grundstück direkt an eine öffentliche Straße, dürfen die Pflanzen bis zu einer Höhe von 4 m nicht in den Straßenraum hineinragen.
  • Über der gesamten Fahrbahn muss ein Lichtraum von 4,5 m frei bleiben.

Häufig finden sich kommunale Verordnungen oder Satzungen, die dazu Details regeln. Ein Blick in die Sammlung des Ortsrechts der Gemeinde sollte also niemals fehlen.

Besonderheiten gelten für Kreuzungen und Straßeneinmündungen. Hier muss der ruhende und fließende Verkehr immer die Übersicht behalten. Die Verkehrssicherheit muss gewährleistet sein. Sogenannte „Sichtdreiecke“, die die Übersicht über die Verkehrssituation gewährleisten, sind freizuhalten. Soweit es zur Gewährleistung eines derartigen Sichtfeldes geboten erscheint, ist freizuschneiden. Freizuhalten, bzw. freizuschneiden sind auch Straßenlampen oder Verkehrsschilder an der Grundstücksgrenze. Dass sie zuwachsen, ist zu vermeiden.

Im Falle einer erkannten Verkehrsgefährdung kann die Gemeinde mit Fristsetzung per Ordnungsverfügung dazu verpflichten, die erforderlichen Schnitte vorzunehmen oder vornehmen zu lassen. Sie kann Ersatzvornahme auf Ihre Kosten androhen und umsetzen (vgl. zu der Frage, inwieweit der Verwalter für eine Wohnungseigentümergemeinschaft im Falle einer behördlichen Ordnungsverfügung wegen Baumüberwuchses tätig werden muss: LG Düsseldorf, Urteil vom 23. 9. 2020 - 23 S 139/19, juris).

Nähere Informationen zum Rückschnitt von grenznahen Bepflanzungen des Nachbarn enthalten die Broschüren „Nachbars Grenzbewuchs", 2. Aufl. 2021, ISBN 978-3-96434-017-7, Preis 12,95 € inklusive Mehrwertsteuer zuzüglich Versandkosten bei Einzelbestellung, 136 Seiten, DIN A5, gebunden, und „Nachbars Garten“, 6. Aufl. 2021, ISBN 978-3-96434-018-4, Preis 16,95 € einschließlich Mehrwertsteuer zuzüglich Versandkosten bei Einzelbestellung, 190 Seiten, DIN A5 gebunden, jeweils erschienen bei Haus & Grund Deutschland Verlag und Service GmbH, Mohrenstraße 33,10117 Berlin, zu beziehen über Haus und Grund Niedersachsen, E-Mail: info@haus-und-grund-nds.de; Fax: 0511/97329732.

© Dr. Hans Reinold Horst

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