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Erbrecht: Umschreibung ererbter Grundstücke - Grundlage?

Paragraphen(ho) Ehefrau E beerbt ihren verstorbenen Mann M. Zum Nachlass gehört ein Grundstück.
Dazu zunächst folgendes: Mit Eintritt des Erbfalls erwirbt man als Erbe automatisch das Eigentum am Grundstück (§ 1922, 1967 BGB). Es kommt nicht darauf an, ob das Eigentum im Grundbuch bereits umgeschrieben ist. Natürlich muss der Eigentumsübergang kraft Erbrechts im Grundbuch nachgezeichnet werden. Dazu benötigt man eine Grundlage. Klassische Basis ist ein Erbschein oder ein gerichtlich eröffnetes eigenhändiges oder notarielles Testament, bzw. ein gerichtlich eröffneter notariell beurkundeter Erbvertrag. Nun lassen sich die genannten Unterlagen so schnell nach dem Erbfall aber nicht beschaffen.

Erbin E besinnt sich deshalb auf eine notariell beglaubigte Generalvollmacht des jetzt verstorbenen M, die sie dem Grundbuchamt als Eintragungsgrundlage vorlegt. Denn die Vollmacht wurde ausdrücklich über den Tod hinaus erteilt (deshalb „transmortale“ oder „postmortale“ Vollmacht genannt). Das Grundbuchamt schüttelt den Kopf, E geht deshalb zu Gericht - und gewinnt vor dem OLG Nürnberg (Beschluss vom 25.3.2024 - 15 Wx 2176/23, MDR 2024, Seite 633).

Die Gründe:
Obgleich für das Grundbuchamt sehr wahrscheinlich und doch letztendlich unsicher, ob E Alleinerbin geworden sei, behalte die erteilte transmortale Generalvollmacht ihre Legitimationswirkung. Es unterliege keinem Zweifel, dass sie nach dem Tod weitergelte. Sie gelte aber auch dann, wenn die zu Lebzeiten des M von ihm bevollmächtigte E nunmehr Alleinerbin geworden sei. Da sie ihr Eintragungsbegehren ausdrücklich auf ihre Eigenschaft als Bevollmächtigte unter Vorlage der Generalvollmacht gegründet habe, sei dem verfahrensrechtlich nachzukommen (§§ 29, 35 GBO). Ihre Eintragung sei vorzunehmen.
Ausweislich der Vollmacht sei E auch von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit gewesen. Sie könne also zu ihren eigenen Gunsten Rechtsgeschäfte wahrnehmen und dürfe nach dem Erbfall den bzw. die Erben in ihrer Gesamtheit vertreten (ebenso: BGH, Urteil vom 23. 2. 1983 - IVa ZR 186/81, NJW 1983, 1487 = M DR 1983, 472).
Durch die notarielle Beglaubigung sei auch die notwendige Urkundenqualität gewährleistet (§ 29 GBO).

Nachzutragen ist:

Fallen die Stellung als Alleinerbe und als Bevollmächtigter aus einer transmortalen Generalvollmacht zusammen, so ist streitig, ob die Vollmacht dann ihre Legitimationswirkung im Rechtsverkehr weiter behält (wie hier: OLG München, Beschluss vom 4.8.2016 - 34 Wx 110/16, FGPrax 2016, 205; KG, Beschluss vom 2.3.2021 - 1 W 1503/20, MDR 2021, 556; OLG Stuttgart, Beschluss vom 2.11.2018 - 8 W 312/18, MittBayNot 2019, 578; OLG Bremen, Beschluss vom 31.8.2023 - 3 W 15/23, FGPrax 2023, 241 = MTR 2023, 1458; Zimmer, NJW 2016, 3341; weidlich, ZEV 2016, 57; Reimann, ZEV 2016, 659; Wilsch, in: Beck OK/GBO, 52. Ed. Stand 1.3.2024, § 35 GBO Rn. 78; Schaub, in: Bauer/Schaub, Kommentar zur GBO, 5. Aufl. 2023, § 35 GBO Rn. 50 und 51 Temharter/Demharter, Kommentar zur GBO, 33. Aufl. 2023, § 19 GBO Rn. 81 b) oder aber einbüßt (so zum Beispiel OLG Stuttgart, Urteil vom 12.5.1948 - 1 RS 49/48, NJW 1947/1948, S. 627; OLG Hamm, Beschluss vom 10.1.2013 - 15 W 79/12, DNotZ 2013, 689 mit Anmerkung von Keim in ZEV 2013, 341; Bestelmeyer, Anm. zu OLG München, Beschluss vom 4.8.2016 - 34 Wx 110/16, FGPrax 2016,205; anders bei einem Miterben: OLG München, Beschluss vom 10.2.2022 - 34 Wx 431/21, BWNotZ 2022, 365; OLG Schleswig, Beschluss vom 15.7.2014 - 2 W 48/14, FGPrax 2014, 206). Für die fortbestehende Legitimationswirkung sprechen §§ 170 bis 173 BGB. Die Vorschriften schützen das Vertrauen auf deren Fortbestand. Dies ist auch vom Grundbuchamt zu beachten. Im Interesse eines reibungslosen Rechtsverkehrs besteht die Legitimationswirkung deshalb fort, wenn die Vollmacht den Erben weitergehende Handlungsmöglichkeiten eröffnet und schutzwürdige Interessen nicht entgegenstehen. Vor allem wird das Grundbuch auch nicht unrichtig, da der Erwerber jeweils Eigentum erlangt, entweder aufgrund wirksamer Verfügung des Bevollmächtigten oder - sollte die Vollmacht aufgrund dessen Alleinerbenstellung erloschen sein - aufgrund wirksamer Verfügung des Eigentümers (so die überzeugende Begründung des OLG Nürnberg in seinem Beschluss vom 25.3.2024 - 15 Wx2176/23, in MDR 2024, 633, re. Sp.).

Lesetipp: Broschüre "Übertragung und Vererbung von Grundbesitz“,
4. Auflage 2022, ISBN 978-3-96434- 032-0, 589 Seiten, 29,95 € zuzüglich Versandkosten bei Einzelbestellung, zu beziehen über Haus und Grund Niedersachsen, E-Mail: info@haus-und-grund-nds.de; Fax: 0511/97329732.

© Dr. Hans Reinold Horst

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