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Zerrüttungskündigung: „Nur motzen reicht nicht!“

Streit Mieter - Vermieter - Copyright Sylvia Horst(ho) Allein die Feststellung, dass ein Mietverhältnis zerrüttet ist, genügt nicht für eine fristlose Kündigung. Darüber hinaus muss erwiesen sein, dass aufgrund der eingetretenen Zerrüttung die Fortsetzung des Vertrages für die kündigende Vertragspartei unzumutbar ist (§ 543 Abs. 1 BGB). Dies stellt der BGH mit Urteil vom 29.11.2023 - VIII ZR 211/22, IMR 2024, 93 = BeckRS 2023, 41626 fest. Wie kommt es dazu?

Vermieter V kündigt Mieter M im November 2023, der im selben Mehrfamilienhaus wohnt. Seit dem Jahr 2014 kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen V und M. Im Mai 2020 erstattet M Strafanzeige gegen V. Er fühlt sich verleumdet, denn Frau habe behauptet, M habe sich rassistisch geäußert. V habe M und seine Familie zudem mehrfach mit den Bezeichnungen „Penner“ und „asozial“ beleidigt. V parke auch laufend die von M angemietete Garage mit seinem Pkw zu. Wegen der Strafanzeige und mit der Behauptung, das Mietverhältnis sei zerrüttet, kündigt V fristlos, hilfsweise fristgerecht und klagt gegen M auf Räumung und Herausgabe der Wohnung. Vor dem AG und LG verliert V; er legt Revision zum BGH ein.

Der BGH weist die Räumungsklage ebenfalls als unbegründet ab. Denn es lasse sich nicht feststellen, ob der Vermieter oder der Mieter pflichtwidrig ein Vertrauensverhältnis als Grundlage des Mietvertrags in seiner Eigenschaft als Dauerschuldverhältnis zerstört habe. Diese Feststellung aber sei erforderlich. Allein die Zerrüttung der Vertrauensgrundlage genüge für eine fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB nicht (anderer Ansicht: LG Düsseldorf, Hinweisbeschluss vom 09.06.2015 - 23 S 225/14, BeckRS 2016, 125333 Rn. 5; Lützenkirchen, in: Lützenkirchen (Hrsg. Kommentar zum Mietrecht, 3. Aufl. 2021, § 543 BGB Rn. 123). Ein wichtiger Grund zur Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses liege nach Auffassung des BGH nur vor, wenn er im Risikobereich der anderen Vertragsseite läge (so auch: BGH, Urteil vom 19.4.2023 – XII ZR 24/22, NJW-RR 2023, 965 Rn. 11; auch: Streyl, in: Schmidt-Futterer, 15. Aufl. 2022, § 543 BGB Rn. 13 f).

Anders formuliert:
Kündigt der Vermieter, muss der Mieter einen wichtigen Kündigungsgrund gesetzt haben, der die weitere Fortsetzung eines zerrütteten Vertragsverhältnisses unzumutbar macht.
Auch der BGH betont, dass dies durch ein pflichtwidriges Verhalten des Gekündigten geschehen müsse (ebenso: BGH, Urteil vom 15. 9. 2010 - XII ZR 188/08, NJW-RR 2011, 89 Rn. 11 m.w.N.; Siegmund, in: Blank/Börstinghaus, Miete, 7. Aufl. 2023, § 543 BGB Rn. 9; Meyer-Abich, NZM 2017,97, 102; Kraemer, WuM 2001, 163, 168). Wie der BGH herausstellt, gilt diese Betrachtungsweise sowohl im Wohnungsmietrecht als auch im Gewerberaummietrecht.

Was die hilfsweise fristgemäße Kündigung gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB angehe, sei identisch zu werten. Auch hier rechtfertige allein eine Strafanzeige keine fristlose Kündigung. Denn es gehe auch um die Frage, ob der Anzeigenerstatter zur Wahrnehmung berechtigter eigener Interessen handele (vgl. § 193 StGB). Dies könne nur durch eine Abwägung im Einzelfall entschieden werden. Aus § 573 a Abs. 1 BGB könne entgegen der Auffassung der Revision nichts anderes entnommen werden. Denn diese Vorschrift gelte nur für selbst bewohnte Ein- bis Zweifamilienhäuser, nicht für Kündigungen in einem Mehrfamilienhaus.

© Dr. Hans Reinold Horst

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