Mieterhöhung:
Besichtigungsrecht zur Vorbereitung?
(ho)
Mieterhöhungen können auch mit einem Sachverständigengutachten
begründet werden (§ 558 a Abs. 2 Nr. 3 BGB). Um dem beauftragten
Gutachter die Möglichkeiten zur Erstellung eines solchen Begründungsmittels
zu einer Mieterhöhung zu geben, verlangt Vermieter V die gemeinsame
Besichtigung der Wohnung von Mieter M. M weigert sich und begründet
dies damit, eine Besichtigung der Wohnung sei zur Anfertigung eines formell
wirksamen Gutachtens nicht notwendig.
Der BGH spricht die Duldungsklage, gerichtet auf ein gemeinsames Betreten
der Wohnung, zu (BGH, Beschluss vom 28.11.2023 - VIII ZR 77/23, IMR 2024,
92). Im Falle eines gegebenen sachlichen Grundes habe der Vermieter Anspruch
darauf, die Wohnung zu besichtigen (ebenso schon: BGH, Urteil vom 26.4.2023
- VIII ZR 420/21, IMR 2023, 311 - als anlassbezogenes Besichtigungsrechte
auch durch Formularklausel im Mietvertrag regelbar und bejaht im Falle
eines beabsichtigten Verkaufs der Wohnung)
Ein solches anlassbezogenes Besichtigungsrecht sei gegeben. Denn es gehe
dem Vermieter um die Anfertigung eines Sachverständigengutachtens
als Grundlage und Begründungsmittel eines beabsichtigten Mieterhöhungsverlangens.
Preisbildend sei dabei auch der Erhaltungszustand der Wohnung. Dieser
Erhaltungszustand könne grundsätzlich nur im Rahmen einer Besichtigung
auch des Wohnungsinneren gemeinsam mit dem Sachverständigen festgestellt
werden und in das Gutachten einfließen.
Dass eine vorherige Besichtigung nicht zwingende Wirksamkeitsvoraussetzung
für ein Gutachten als Begründungsmittel sei (ebenso schon: BGH,
Urteil vom 11.7.2018 - VIII ZR 190/17 IMR 2018, 361 - vorgerichtliches
Sachverständigengutachten als Begründungsmittel für eine
Mieterhöhung auch ohne vorherige Besichtigung der Wohnung formell
in Ordnung), könne nicht entgegengehalten werden. Zwar sei eine vorherige
Besichtigung nicht erforderlich, um ein Mieterhöhungsverlangen formell
wirksam erklären zu können, doch bleibe dies für das anzunehmende
Interesse des Vermieters ohne Belang, das beabsichtigte Mieterhöhungsverlangen
auch in materiell-rechtlicher Hinsicht, also inhaltlich, rechtssicher
abzugeben.. Dieses Interesse sei auch höher zu gewichten, weil die
Besichtigung nur mit einer zeitlich stark begrenzten und deshalb sehr
unbedeutenden Beeinträchtigung des Mieters einhergehe.
Nachzutragen ist:
Wird dem attestierten anlassbezogenen Besichtigungsrecht des Vermieters
anlässlich einer geplanten Mieterhöhung nicht Folge geleistet,
kann deswegen das Mieterhöhungsverfahren erst später betrieben
werden. Dies kann deshalb zu Verzögerungen bei der Erhöhungswirkung
führen. Lässt sich dies darstellen, so ist Folge ein Schadensersatzanspruch
gegen den sich verweigernden Mieter in Höhe der bis dahin nicht möglichen
Mieterhöhung (ebenso: Börstinghaus, Anmerkung zu BGH, Beschluss
vom 28.11.2023 - VIII ZR 77/23, IMR 2024, 93). Im Klartext bedeutet
das einen Anspruch auf rückwirkende Mieterhöhung!
Moral von der Geschicht‘:
Dann hätte Mieter M die Türe auch gleich öffnen können!
Lesetipp: Broschüre „Mieterhöhung freifinanzierter
Wohnraum“,
5. Aufl. 2020, ISBN 978-3-96434-011-5, Verlag Haus & Grund Deutschland
– Verlag und Service GmbH, Berlin, 188 Seiten, Preis 14,95 €
inklusive MwSt. zuzüglich Versandkosten
bei Einzelbestellung, zu beziehen über Haus
und Grund Niedersachsen, E-Mail: info@haus-und-grund-nds.de;
Fax: 0511/97329732.
© Dr. Hans Reinold Horst
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