Gewerbemiete: Indexierung
der Staffelmiete zulässig?
(ho)
Der Gewerbemietvertrag sieht für den Beginn des Mietverhältnisses
eine Staffelmiete mit 4-jähriger Geltungsdauer vor. Sie ist niedrig
bemessen und wird als „Anlaufmiete“ bezeichnet, um dem Gewerbemieter
die Aufnahme seiner Geschäftstätigkeit etwas zu erleichtern.
Gleichzeitig zeigt der Vertrag eine Indexmietenvereinbarung, die an eine
Grenze von 5 Prozentpunkten für die Veränderung der vereinbarten
Miete geknüpft ist. Die Grenze wird im Jahre 2022 erreicht. Vermieter
V erhöht die Miete um den inflationsbedingt fortgeschriebenen Bezugsindex,
dies aber auch rückwirkend ab Vertragsbeginn und damit auch für
die Zeit der mit Festbeträgen ausgewiesenen Staffelmietvereinbarung.
Gewerbemieter G wehrt sich gegen die Rückwirkung und beruft sich
zusätzlich darauf, die Indexierung könne auf den Zeitraum der
fest vereinbarten Staffelmiete keine Auswirkungen haben.
Das OLG Brandenburg gibt V recht und bezieht die Indexklausel auch rückwirkend
auf die vereinbarte Staffelmiete (OLG Brandenburg, Urteil vom 27.6.2023
– 3 U 88/22, ZMR 2024, 23; ebenso bereits OLG Brandenburg, Urteil
vom 19.8.2009 - 3 U 135/08, NJW 2010, 879). Danach ist die Indexierung
auch der vorgeschalteten Staffelmiete mit Rückwirkung zumindest dann
zulässig, wenn die Mietstaffeln mindestens 5 und 10 Jahre betragen.
In der Fachliteratur ist dies umstritten (siehe den Meinungsstand bei:
Börstinghaus, in: Schmidt-Futterer, Kommentar zum Mietrecht 15. Aufl.
2022, § 557 a BGB Rn. 56 a, § 557 BGB Rn. 4, dort offen gelassen).
Nachzutragen ist:
In der Gewerbemiete ist es häufig Praxis, dass der Mieter den Vertragswortlaut
vorgibt, insbesondere dann, wenn er als „Großmieter“
(zum Beispiel Bank, Versicherung, Filialkette, Deutsche Post AG) über
eine entsprechende Marktmacht verfügt. Auch im diesem Falle handelt
es sich dann bei dem Vertragswerk ebenfalls um Allgemeine Geschäftsbedingungen
(AGB), die aber vom Mieter als „Verwender“ gestellt werden.
So war es auch in dem entschiedenen Fall. Selbst wenn der Mieter in diesem
Fall die Indexvereinbarung nicht auf die zeitlich vorgeschaltete Staffelmiete
beziehen wollte, gelten die gerichtlich ausgeurteilten und dargelegten
Grundsätze. Denn Auslegungsprobleme und Unklarheiten im Verhältnis
verschiedener Vertragsklauseln gehen zulasten des Verwenders, in unserem
Falle des Mieters.
Sollte die Klauselkombination nach der Auffassung eines streitbefassten
Gerichts gleichwohl als unwirksam betrachtet werden, so kann sich der
Mieter als Verwender der Klausel darauf nicht berufen. Denn er kann aus
der Unwirksamkeit seiner eigenen vorgegebenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen
(Formularklauseln) keinen eigenen Vorteil ziehen (BGH, Urteil vom 05.04.2006
– VIII ZR 109/05, WuM 2006, S. 310; OLG Celle, Beschluss vom 21.11.2013
- 2 U 179/13, ZMR 2014, 276 = WuM 2014, 133 mit Anmerkung von Häublein
= IMR 2014, 114 = MietRB 2014, 135; AG Frankfurt / Main, Urteil vom 4.7.2006
– 33 C 809/06-67, ZMR 2007, 622).
Im entschiedenen Fall ist die verwendete Indexklausel auch deswegen bedenkenfrei,
weil sie durch den Terminus „Änderung“ in beide Richtungen
wirkt, also nicht nur Mieterhöhungen, sondern auch Mietabsenkungen
bei entsprechenden Veränderungen des Bezugsindexes ermöglicht
(st. Rspr. vgl. zuletzt: BGH, Urteil vom 26.5.2021 - VIII ZR 42/20, juris).
Auch der Mieter kann sich deshalb bei einer Reduktion des Indexes darauf
berufen.
Schließlich ist es im Gewerberaummietrecht bedenkenfrei, dass die
Klausel automatisch und rückwirkend wirkt.
Einziges Problem könnte die Einhaltung der Schriftform (§ 550
Satz 2 BGB) sein, weil die Mieterhöhung nicht nach einer Entwicklung
von mehr als 5 Prozentpunkten vorgenommen wurde, so wie es die Klausel
vorsieht, sondern bereits ab 5 Prozentpunkten. Der Mieter selbst hatte
im entschiedenen Fall diese Grenze abgesenkt per E-Mail angeboten, also
in Textform und nicht in Schriftform. Darin dürfte ein entsprechendes
Angebot zur zukünftigen Mietgestaltung liegen, dass durch die Mieterhöhung
als Gegenreaktion angenommen worden ist. Die Miethöhe gehört
zu den wesentlichen Vertragsinhalten, die nur schriftlich geändert
werden dürfen. Das Gebot der Schriftform (§§ 550, 126,
126 a BGB) ist deshalb hier verletzt. Denn die E-Mail bietet nur Textform
(§ 126 b BGB).
Selbst mit diesem Ansatz erscheint es zweifelhaft, ob man sich dann als
Mieter und Klauselverwender auf die selbst nicht eingehaltene Schriftform
berufen kann. Damit setzt man sich nämlich zu eigenem Vorverhalten
in Widerspruch, was die Einwendung eines missbräuchlichen Verhaltens
entgegen dem Gebot von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gegenüber
der erklärten Mieterhöhung zur Folge hat. Eine solche Rechtsausübung
begegnet den Missbrauchseinwand und ist deshalb nicht zulässig.
Ergebnis nach alledem:
Der Vermieter kann sich mit seiner Berechnungsmethode und seiner dem
zu Grunde liegenden Rechtsauffassung durchsetzen.
Nachtrag zu Wohnraummiete:
Hier scheitert ein solches Vorgehen an § 557 b BGB.
© Dr. Hans Reinold Horst
News/Presse
>>