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Nachbarrecht: Recht auf Wegebenutzung aus Erschließungsbaulast?

Haus - Copyright Sylvia Horst(ho) Ein Grundstück wird in einen vorderen zur Straße hin angrenzenden und in einen hinteren Teil aufgeteilt und neu parzelliert. Das vordere Grundstück gehört N. Auf dem Hinterliegergrundstück des E befinden sich ein Hof und 2 Garagen. Als Zufahrt dient ein gepflasterter Weg über das vordere Grundstück. Um die öffentlich-rechtliche Erschließung des Hinterliegergrundstücks sicherzustellen, lastet auf dem vorderen Grundstück eine Erschließungsbaulast (Überfahrtbaulast). Damit soll die Zufahrt zum hinteren Grundstück gewährt und öffentlich-rechtlich abgesichert werden. Der gepflasterte Weg muss nun ausgebessert werden. Zusätzlich hat M dort Gegenstände abgestellt, die die Zufahrt zum hinteren Grundstück behindern. E fordert von N, die gelagerten Gegenstände wegzuräumen und den Weg auf eigene Kosten instand zu setzen.

Seine Klage wird vom BGH abgewiesen (BGH, Urteil vom 24.1.2025 - V ZR 52/24, juris).
Die Begründung:
N sei nicht verpflichtet, die Nutzung seines Grundstücks durch E zu dulden. Dafür biete die bestehende Überfahrtbaulast keine Grundlage. Denn als rein öffentlich-rechtliche Baubeschränkung folge aus ihr kein zivilrechtliches Wegerecht zu Gunsten des Nachbarn E. Eine Baulast vermittle weder einen Nutzungsanspruch noch verpflichte sie den Eigentümer des belasteten Grundstücks, eine Nutzung zu dulden (ebenso: BGH, Urteil vom 19.11.2021 - V ZR 262/20, NJW-RR 2022, 522 Rn. 15 mwN).
Auch die Duldung der Überfahrt auf der Basis eines Notwegerechts (§ 917 BGB) entfalle. Denn das hintere Grundstück sei auch auf der anderen Seite über eine öffentliche Straße erreichbar. Dort gebe es auch Parkmöglichkeiten. Ohne Belang bleibe, ob das persönliche Bedürfnis des Grundeigentümers erfüllt werde, mit seinem Kraftfahrzeug zu seinen Garagen zu gelangen, um sie dort abzustellen. Nur die Erreichbarkeit des eigenen Grundstücks mit einem Kraftfahrzeug selbst sei für dessen ordnungsgemäße Benutzbarkeit entscheidend. Die Möglichkeit, mit Kraftfahrzeugen auf das eigene Grundstück zu fahren, um sie dort auch abzustellen, sei für die ordnungsgemäße Benutzung eines Grundstücks gerade nicht erforderlich und begründe deshalb auch kein Notwegerecht (ebenso: BGH, Urteil vom 19.11.2021 - V ZR 262/20, NJW-RR 2022, 522 Rn. 9 mwN). Ebenso wenig sei die Nutzung von Bauten, die nach öffentlichem Recht zulässig errichtet worden seien (hier: Garagen), ausschlaggebend für die Annahme eines Notwegerecht (BGH, Urteil vom 19.11.2021 - V ZR 262/20, N JW-RR 2022, 522; BGH, Urteil vom 24. 1. 2020 - V ZR 155/18, NJW 2020, 1360 Rn. 23).

Quintessenz:
Durch seine Klage auf Sanierung des Weges und auf Entfernung von Gegenständen hat Nachbar E die eigene Position massiv verschlechtert. Denn die bisherige rein tatsächlich geduldete Zufahrt wird nun durch die ausdrücklich ausgeurteilte fehlende Duldungspflicht des vorderen Eigentümers nicht mehr gewährt. Dagegen konnte sich E nicht auf ein „Gewohnheitsrecht“ aus vorangegangener Duldung der Zufahrt berufen. Denn ein „Gewohnheitsrecht“ entsteht durch tatsächliche Duldung grundsätzlich nicht (BGH, Urteil vom 24.1.2020 - V ZR 155/18, NJW 2020, 1360).

Konsequenz für die Praxis:
Wenn man nicht klar von einem bestehenden Notwegerecht ausgehen kann, sollte man als bislang rein tatsächlich nutzender Nachbar nicht an bislang geduldeten Zufahrtsmöglichkeiten über nachbarliche Grundstücke rütteln. Eine Überfahrtbaulast begründet nun mal kein zivilrechtliches Wegerecht.

Nachzutragen ist:
Hätte der Hinterlieger mit seiner Klage statt ein positives Tun die Unterlassung eines benutzungseinschränkenden Verhaltens gemäß §§ 1004 Abs. 1, 242 BGB verlangt, wird für diesen Fall vertreten, dass der Eigentümer des mit der Baulast belasteten Grundstücks auch die privatrechtliche Inanspruchnahme konform der eingeräumten Baulast durch Wegebenutzung zu dulden hat, wenn der Vorderlieger das Grundstück bereits mit der Baulast belastet gekauft hat (so: OLG Hamburg, Urteil vom 20.11.2020 - 6 U 106/14, juris Rn. 34 ff; OLG Hamm, Urteil vom 6.7.2017 - 5 U 152/16, ZfIR 2017, 786, 789 ff mit zustimmender Anmerkung Burbulla). Denn dann ist ihm bekannt, worauf er sich eingelassen hat und deshalb nicht schutzwürdig.

Der BGH hat diese Frage in dem hier umgekehrt gelagerten Fall offengelassen.

Und zum guten Schluss der folgende Hinweis:

Besteht umgekehrt zu dem hier vorgestellten Fall eine privatrechtliche Grunddienstbarkeit zur Sicherstellung der Bebaubarkeit eines Nachbargrundstücks, hat der BGH dem begünstigten Nachbarn einen Anspruch aus §§ 1018, 242 BGB auf Übernahme einer deckungsgleichen öffentlich-rechtlichen Baulast unter den folgenden Voraussetzungen eingeräumt:

  • Die Übernahme einer Baulast muss zwingende Voraussetzung für die Bebauung des Grundstücks sein.
  • Eine Befreiung vom Baulastzwang kommt nicht in Betracht.
  • Bei der Bestellung der Grunddienstbarkeit bestand Anlass, bereits die Übernahme der Baulast zu erwägen.
  • Inhalt und Umfang der geforderten Baulast müssen mit der Grunddienstbarkeit deckungsgleich sein (BGH, Urt. v. 3.2.1989 - V ZR 224/87, NJW 1989, S. 1607 ff.; BGH, Urt. v. 3.7.1992 - V ZR 203/91, NJW-RR 1992, S. 1484 f; ebenso für die Verpflichtung eines Miteigentümers des Wegegrundstücks: LG Bochum, Urt. v. 25.01.2002 – 5 S 180/01, n.v.).

Lesetipp zu Falschparkern in einer nachbarschaftlichen Parksituation:
Broschüre „Abwehr nachbarlicher Störungen", ISBN-Nr. 978-3-96434-007-8, 213 Seiten, Preis 14,95 € zuzüglich Versandkosten bei Einzelbestellung, zu beziehen über Haus und Grund Niedersachsen, E-Mail: info@haus-und-grund-nds.de; Fax: 0511/97329732.

© Dr. Hans Reinold Horst

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